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Triggerwarnungen

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Drachenlady

Autorin. Förderer.

09.02.2023 um 23:53 Uhr

Triggerwarnung: Aha.

Gregor hat es schon kurz und für mich absolut treffend beschrieben. Ich möchte zu dem Thema aber noch ein paar weitere Aspekte formulieren.

Irgendwann in den letzten Tagen habe ich das erste Mal auf den Schattenzeilen überhaupt davon gelesen, letztes Wochenende in der Zeitung gleich das zweite Mal. Dort allerdings in dem Zusammenhang mit (Haut-)Krankheiten, die durch einen externen Trigger wie zum Beispiel bestimmte Lebensmittel ausgelöst werden können. Trigger, von denen man möglicherweise (noch) keine Ahnung hat, deren Wirkung vielleicht neu erforscht wurden und bei denen das Wissen um deren Existenz eventuell tatsächlich für Betroffene hilfreich sein kann.

 

Mit den hier diskutierten „Triggern“ bei Büchern, oder auch Filmen, habe ich so meine Probleme. Das erinnert mich mehr an die „Warnungen“ vor heißen Flüssigkeiten in Kaffeebechern. Frei nach dem Motto, konnte man ja nicht ahnen, dass das bestellte Heißgetränk tatsächlich heiß ist. Lässt sich aber prima Geld damit verdienen, wenn man den Vertreiber des heißen Getränks verklagt, falls der nicht explizit davor gewarnt hat. Das, was man im allgemeinen unter „gesundem Menschenverstand“ versteht, scheint nicht mehr gefragt.

Ich bin jedoch nicht der Meinung, dass die Gesellschaft als solche aktiv verdummt wird oder man ihr generell Selbstinformation nicht zutraut. Denn dazu muss man sich nämlich erstmal verdummen lassen - was aber zugegebenermaßen leider bei viel zu vielen Leuten bestens funktioniert. Ich fühle mich durch solche Hinweise nicht irgendwie gegängelt oder bevormundet, sondern schüttle maximal den Kopf oder mache mich - abhängig vom Thema - darüber eher lustig. Manchmal sind diese Warnungen schon so absurd, dass man nicht mal mehr weiß, ob man lachen oder weinen soll.

 

Tatsächlich glaube ich vielmehr, dass es das Verhalten eines stetig größer werdenden Teils der Gesellschaft ist, die Dingen wie solchen eigentlich völlig überflüssigen Warnhinweisen massiv Vorschub leisten. Aktionen von Leuten, die keinerlei Selbstreflexion besitzen und die stets alle anderen für persönlich erlittenes - manchmal auch nur vermeintliches - Ungemach verantwortlich machen, aber nie die Schuld bei sich selbst suchen.

Wie andere auch schon schrieben, wenn ich einen Roman von Stephen King kaufe, brauche ich mich nicht darüber zu echauffieren, keine Rosamunde Pilcher Schmachtfetzen vorzufinden und wenn ich ein Fachbuch über SW-Programmierung kaufe, muss ich mich nicht wundern, keine Beschreibung eines Bauernhofs mit vielen hübschen Bildern zu erhalten. Oder die Lebensgeschichte von Karl dem Käfer erwarte, weil in der Überschrift etwas von Bugs steht.

Wenn man etwas über den Inhalt eines Buches erfahren möchte, kann man ganz oldschool den Klappentext lesen, oder sich online Rezensionen darüber ansehen. Aber was man in den Rezensionen dann oft zu lesen bekommt, offenbart sehr deutlich das ganze Dilemma. Der so häufig bemühte Satz „Wer lesen kann, ist klar im Vorteil.“ entpuppt sich leider extrem häufig als nicht ausreichend, denn es müsste heißen: „Wer lesen kann und in der Lage ist, das Gelesene auch noch zu begreifen, ist klar im Vorteil.“

Erschwerend kommt noch hinzu, dass es nicht wenige Leute gibt, die glauben, Regeln des Zusammenlebens gelten - wenn überhaupt -  nur für andere, aber nicht für sie. Und wenn sie sich dann nicht daran halten, und tatsächlich etwas passiert, suchen sie krampfhaft nach Schuldigen, anstatt einfach mal in den Spiegel zu sehen. Dazu passend kann man eine zunehmende Vollkaskomentalität feststellen, die das Unerwartete ausblendet, auch bekannt als allgemeines Lebensrisiko, schlicht als nicht vorhanden deklariert und im Unglücksfall nicht mal in Betracht zieht, das eigene, selbst beeinflussbare Verhalten als Ursache auch nur im Ansatz zu erwägen.

Man kann die Menschen nicht vor ihrer eigenen Blödheit schützen. Ärgerlich wird es jedoch dann, wenn für durch eigene Dummheit oder Nachlässigkeit ausgelöste Folgen andere haftbar gemacht werden sollen. Und dass die Rechtssprechung bei uns ein solches Verhalten mittlerweile auch immer mehr unterstützt. Noch nicht ganz so krass wie in den USA, aber man ist auf einem deutlich sichtbaren Weg dahin. Selbst bei eindeutigen Verstößen gegen geltendes Recht werden in jedem Lebensbereich mittlerweile mehr und mehr Gerichtsurteile gefällt, die anderen, völlig Unschuldigen eine Teilschuld aufbrummen.

 

Und genau deswegen kommen dabei dann diese Leute ins Spiel, die, wenn irgendetwas schief geht, eben einfach nicht willens sind, Selbstverantwortung zu übernehmen, sondern mit allen möglichen Tricks versuchen, alles und jeden zu verklagen.

Und hier schliesst sich für mich der Kreis. Ich glaube nicht, dass solche Triggerwarnungen mehrheitlich deswegen existieren, weil sich tatsächlich jemand Sorgen um einen in der jeweiligen Warnung genannten und dafür anfälligen Personenkreis macht, sondern schlicht, um sich vor möglichen rechtlichen Folgen zu schützen. Versuch’ mal zu beweisen, dass Dein Text oder Video oder was auch immer  n i c h t  an irgendwelchen psychischen Auffälligkeiten schuld ist.

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Queeny

Förderer.

10.02.2023 um 11:52 Uhr

Den Ausführungen von Drachenlady ist nichts mehr hinzuzufügen, sie bringt es in meinen Augen auf den Punkt. 

LG Queeny

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Tony Baigu

Gelöscht.

10.02.2023 um 12:21 Uhr

Schließe mich Drachenlady vollinhaltlich an und pflichte Queeny diesbezüglich bei. Allgemeine Volksverblödung a la USA wird trotzdem weiter zunehmen, das ist leider die traurige Wahrheit.

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Jona Mondlicht

Autor. Korrektor. Teammitglied.

10.02.2023 um 14:04 Uhr

Ich gebe der Diskussion mal eine andere Richtung. Gelegentlich hege ich den Verdacht, dass Triggerwarnungen von Autorinnen und Autoren (insbesondere Selfpublishern) als Marketinginstrument verwendet werden.

 

So etwa: Der Krimi / Thriller verkauft sich besser, wenn vor vielen Toten und Gewalt gewarnt wird. Die Erotikgeschichte ist richtig hart, weil ausdrücklich auf expliziten Inhalt hingewiesen wird. Da geht es nicht mehr um das Schützen, sondern um ein Interessantmachen.

 

Viele Grüße

Jona

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Queeny

Förderer.

10.02.2023 um 15:34 Uhr

Hallo Jona!

So oder so ähnlich wird es ja auch auf den Schattenzeilen praktiziert. Wenn man wegen dem Jugendschutz nicht gleich weiter lesen kann, verspricht es eine sehr heiße Geschichte zu sein.  

Viele Grüße Queeny

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The Sin

Gelöscht.

11.02.2023 um 03:39 Uhr

geändert am 11.02.2023 um 04:00 Uhr

Aua, schon wieder so ein Thema! 

 

Ehrlich? 

 

Das geht mir genauso auf die Nerven, wie das derzeit um sich greifende "GENDERN", das ist eine Vergewaltigung der deutschen Sprache! 

 

Auch die Trigger-Warnung, der fast gleiche Mist! Jeder hat seine individuellen Trigger! Wie das Leben jedes einzelnen einzigartig ist. 

 

Noch so ein Thema, Weihnachtsmärkte die ihre Namen in Wintermärkte ändern um unsere Mitmenschen nicht wegen ihrer Religion auszugrenzen.

 

Sorry, wir sind in Deutschland so tollerant gegen Alles und Jeden, bis zur Selbstverleugnung. Nur keinen auf die Füße treten! 

 

Tut mir leid Jona, jetzt hast du es ab bekommen aber das nervt mich richtig !

 

Und ja, auch ich denke der Trigger Schutz bei Anbietern, der käuflichen Darbietungen von Filmen beruht gewiss auf US amerikanischen Prozessen bezüglich unzureichender Warnhinweise. 

 

Und  ja, eine Trigger-Warnung ist bestimmt auch ein Mittel, um ein Produkt im entsprechenden Segment plazieren und vermarkten zu können.

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Tony Baigu

Gelöscht.

11.02.2023 um 05:12 Uhr

Eben nichts für schwache Nerven. Bleib standhaft! Und stark! 😉

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hexlein

Autorin.

13.02.2023 um 15:30 Uhr

Ehrlich...

 

mir sind diese Triggerwarnungen auch beim streamen aufgefallen...

und da habe ich mir echt an die Stirn gefasst. Denn, wenn ich einen Actionfilm mir anschaue..dann weiss ich doch, dass darin gewaltsame Szenen vorkommen können.

Und "sexuelle Inhalte" oder "Küssen" (ja, selbst das habe ich schon gesehen....Herr im Himmel..das kommt sogar im Tatort vor...

 

dass eine Triggerwarnung Sinn macht...das kenne ich aus meiner ehrenamtlichen Arbeit mit missbrauchten Kindern...wir bekommen diese, damit wir den Kindern kein Leid zufügen, indem zB  das Rasierwasser des (meist noch) potentiellen Täters von unseren männlichen Mitgliedern nicht benutzt wird*. 

 

Mich als denkenden Menschen allerdings stoßen diese Warnungen eher ab. ICh komme mir so ...ja...fremdbestimmt vor...so behelikopterelternd.

 

Nun, vielleicht mag dies auch damit zusammenhängen, was ich am Wochenende in einem Artikel las. Mehr als (ich glaube es waren sogar mehr) die Hälfte der Kinder mit 5 Jahren sind nicht in der LAge sich die Schuhe zuzubinden.

Wenn ich so etwas lese, dann muss ich immer an den Film Wall-e denken und den Computer, der das Leben der Menschen in dem Raumschiff steuert. Der Ihnen alles abnimmt. 

 

Aber noch denke und handle ich selbständig. Und das lasse ich mir so schnell nicht nehmen.

 

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Nachtasou

Autor. Korrektor.

13.02.2023 um 23:51 Uhr

Sinnvoll ist der Hinweis darauf, dass in einem Film oder Computerspiel Stroboskop-Effekte enthalten sind, die Epileptikern zu schaffen machen können. Ein solches Lichtblitzen kann völlig unerwartet auftreten; auch während eines geruhsamen Pilcher-Sonntagabend-Films, wenn das Filmpärchen z.B. einer Disco einen Besuch abstattet.

Mich stören die wenige Sekunden eingeblendeten, unauffälligen Warnhinweise links oben beim Streaming nicht. Manchmal sind sie die Garantie dafür, dass ich zu sehen und zu hören bekomme, was ich gerade suche *g.

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Nachtasou

Autor. Korrektor.

15.02.2023 um 19:44 Uhr

Jona Mondlicht

So etwa: Der Krimi / Thriller verkauft sich besser, wenn vor vielen Toten und Gewalt gewarnt wird. Die Erotikgeschichte ist richtig hart, weil ausdrücklich auf expliziten Inhalt hingewiesen wird. Da geht es nicht mehr um das Schützen, sondern um ein Interessantmachen.

 

Viele Grüße

Jona

Aber Jona, wenn ich einen BDSM-Roman z.B. suche, möchte ich doch nicht unerwartet auf Sex & Crime stoßen und dafür auch noch bezahlt haben. Wie sollte denn das ein "Interessantmachen" bewirken?

Das von Dir Vermutete verfinge doch nur bei einer Leserschaft, die eben genau das sucht.

Und ist das nicht dem ähnlich, was eine gute Buchhändlerin mich als Kunden früher auch fragte:

Sie: "Was suchen Sie denn?"

Und ich nannte dann vier Stichworte: "Romantik - nix mit Pistolen - irgendwas mit Fetisch halt"

Sie: "Da habe ich was für Sie." (zwinker)

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